Klimafitness der Wälder muss gezielt gefördert werden
Fördergelder werden nicht ausreichend zum Aufbau klimafitter Wälder eingesetzt. Doch: Allein im Jahr 2020 verursachte der Klimawandel bei der Österreichischen Bundesforste AG Kosten in der Höhe von 48 Millionen Euro. Und rund ein Drittel des gesamten Schutzwaldes in Österreich befindet sich in einem weit fortgeschrittenen Zustand des Zerfalls oder ist überaltert. Seine Sanierung ist kostspielig.
In seinem am 2. Dezember 2022 veröffentlichten Bericht „Wald im Klimawandel: Strategien und Maßnahmen“ beurteilt der Rechnungshof die Situation des Waldes in Österreich angesichts des Klimawandels sowie waldspezifische Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Er empfiehlt, Förder-Anreize zu schaffen, um die Widerstandsfähigkeit der Wälder zu erhöhen. Zudem müssen präventive Maßnahmen zur Sicherung der Schutzfunktionen des Waldes getroffen werden. Geprüft wurden im Wesentlichen die Jahre 2015 bis 2020.
Wälder als Faktor für den Klimaschutz
Fast die Hälfte der Fläche Österreichs ist mit Wald bedeckt. 81 Prozent befinden sich in Privateigentum, der Rest steht im öffentlichen Eigentum. 15 Prozent der Waldflächen werden von der Österreichischen Bundesforste AG bewirtschaftet. Wälder erfüllen vielseitige Aufgaben: Sie speichern Feuchtigkeit, binden Kohlenstoffdioxid und filtern Schaftstoffe aus der Luft. Sie schützen Menschen, Infrastruktureinrichtungen und Gebäude vor Lawinen, Muren und Steinschlag. Zudem sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, etwa im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Diese Funktionen sollten möglichst auf der gesamten Waldfläche gesichert werden. Jedoch: Im Forstgesetz 1975 wird die Bedeutung der Wälder und deren Leistung für den Klimaschutz nicht ausdrücklich berücksichtigt.
Wirtschaftliche Interessen konterkarieren den Klimaschutz
Es besteht ein Spannungsfeld zwischen den Interessen des Klimaschutzes und jenen der Waldeigentümer im Hinblick auf eine wirtschaftliche Nutzung. So sind etwa Fichtenbestände häufig aus vorwiegend wirtschaftlichen Gründen auf Waldflächen verbreitet, die nicht standortgerecht sind. Diese Wälder sind besonders anfällig gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels.
Welche Kosten der Klimawandel verursachen kann, zeigt sich zum Beispiel bei der Österreichischen Bundesforste AG. Im Jahr 2020 lag der Anteil an Schadholz, das durch Stürme, Schneebruch oder den Borkenkäfer verursacht wurde, bei über 80 Prozent der Holzerntemenge. Mindererlöse bei Schadholz sowie Mehrkosten bei der Waldpflege und Holzernte verursachten Kosten von 48 Millionen Euro. Die Österreichische Bundesforste AG führt diese Kosten auf den Klimawandel zurück.
Verjüngung des Waldes dringend notwendig
Damit der Wald erhalten bleibt, muss er verjüngt werden. Im Zuge der Österreichischen Waldinventur 2007 – 2009 wurden bei 2,72 Millionen Hektar von 4,02 Millionen Hektar der gesamten Waldfläche Österreichs ein Verjüngungsbedarf festgestellt. Die Verjüngung unterblieb jedoch bei 1,62 Millionen Hektar. Überalterte, instabile Bestände sind anfälliger gegenüber Extremwetterereignissen. Der Rechnungshof empfiehlt dem Landwirtschaftsministerium, im bestehenden Fördersystem vorrangig Anreize für Maßnahmen zu setzen, die die Alters- und Baumartendurchmischung und somit die Widerstandsfähigkeit der Wälder erhöhen.
Eine weitere Ursache für eine fehlende Waldverjüngung sind Wildschäden. In vielen Gebieten Österreichs sind überhöhte Wildbestände und eine tendenzielle Verschlechterung der Wildschadenssituation dokumentiert. Dennoch wurden kaum Maßnahmen gesetzt, um die Wildschadenssituation zu verbessern. Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels wäre ein ökologisch verträgliches Wildmanagement besonders wichtig.
Ein Drittel des Schutzwaldes in Österreich im Zerfall
Der Rechnungshof hat ein besonders Augenmerk auf den Zustand des Schutzwaldes gelegt. Rund 34 Prozent der Schutzwaldflächen sind stark überaltert oder bereits in der Zerfallsphase. Um einen Schutzwald im weit fortgeschrittenen Zustand des Zerfalls wiederherzustellen, sind kostenintensive Investitionen notwendig. Diese müssen überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden. Zur Einordnung: Dem Investment von 1.000 Euro in die Erhaltung eines Schutzwaldes stehen 146.000 Euro gegenüber, die notwendig wären, um einen zerfallenen Schutzwald wieder aufzubauen. Hier schlagen vor allem benötigte technische Maßnahmen zu Buche. Das zeigte der Rechnungshof bereits in seinem Bericht „Schutz- und Bannwälder in Salzburg, Tirol und Vorarlberg“ aus dem Jahr 2015 auf.
Förderungen verstärkt für Waldflächen einsetzen
Im EU-Programm LE 14-20 waren insgesamt 206,63 Millionen Euro für Maßnahmen im Forstbereich vorgesehen. Davon wurden tatsächlich nur 102,66 Millionen Euro der genehmigten Mittel für klimarelevante flächenbezogene Maßnahmen eingesetzt. Für klimarelevante Bildungs- und Beratungsmaßnahmen sowie Studien wurden 48,71 Millionen Euro aufgewandt. Diese haben nach Auffassung des Rechnungshofes allerdings nur eine indirekte Wirkung auf die Wälder.
Im Hinblick auf den sanierungsbedürftigen Zustand der Schutzwälder merkt der Rechnungshof kritisch an, dass mehr als die Hälfte der Schutzwald-bezogenen Förderungen für Forststraßen bewilligt wurden. Weniger als 50 Prozent der Mittel wurden für Projekte zur Erhaltung oder zur langfristigen Verbesserung der Ökosysteme in Schutzwäldern eingesetzt.
Eine ähnliche Tendenz zeigt sich beim mit 350 Millionen Euro dotierten Waldfonds: Weniger als die Hälfte der Mittel des Waldfonds kam unmittelbar auf Waldflächen zum Einsatz.
Der Rechnungshof empfiehlt dem Landwirtschaftsministerium, in künftigen Förderprogrammen die Mittel für Maßnahmen, die unmittelbar eine flächenbezogene Wirkung für den Wald aufweisen, nicht zugunsten von Maßnahmen mit indirekter Wirkung zu kürzen.
Presseinformation zum Bericht - Wald im Klimawandel: Strategien und Maßnahmen
Bericht des Rechnungshofes - Wald im Klimawandel: Strategien und Maßnahmen (Reihe BUND 2022/37)
Quelle: Rechnungshof Österreich