Am 8. Oktober 2024 fand im Rahmen der bundesweiten "Woche des Schutzwaldes" eine Schutzwaldwanderung statt, organisiert von Montafon Tourismus/PIZ Montafon in Zusammenarbeit mit der Wildbach- und Lawinenverbauung Bludenz. Bei kühlem, aber klarem Herbstwetter versammelte sich die Gruppe um 08.30 Uhr in Tschagguns, bereit für vier Stunden voller spannender Einblicke in die Arbeit rund um das Flächenwirtschaftliche Projekt Maurenwald. Begleitet wurden die Teilnehmenden von Alexander Stoiser, einem erfahrenen Förster der Wildbach- und Lawinenverbauung Bludenz, der das Gebiet seit vielen Jahren betreut und mit seiner Expertise die Wanderung bereicherte.
Der Maurenwald als Schutz gegen Naturgefahren
Nach einer kurzen Projektvorstellung und einer Einführung in die Grundsätze der Schutzwaldsanierung bei der Wildbach- und Lawinenverbauung, führte Alexander die Gruppe in das Herzstück des Projekts, wo auch technische Maßnahmen den Schutzwald unterstützen. Hier, oberhalb des Ortes Tschagguns, schützen Verbauungen und forstwirtschaftliche Maßnahmen sowohl Gewerbegebiet und Siedlungen als auch die wichtige Silvrettastraße und die Hauptleitung der illwerke/vkw vor Lawinen und Steinschlag. Alexander erläuterte, dass dieses Projekt auf ein Ansuchen der Gemeinde Tschagguns zurückgehe, um die Sicherheit des Siedlungsraumes zu gewährleisten. „Der Schutzwald ist nicht nur Selbstzweck, sondern eine lebenswichtige Versicherung für die Menschen hier und um die Alpentäler langfristig bewohnbar zu halten,“ betonte er eindringlich.
Die Teilnehmenden lernten dabei viel über die Unterschiede zwischen Standortschutzwald, Objektschutzwald und Bannwald, die unter dem Sammelbegriff Schutzwald zusammengefasst werden. Jeder dieser Waldtypen erfüllt spezifische Aufgaben – vom Schutz der Siedlungen vor Erosion, Steinschlag und Lawinen bis hin zur Sicherung von Quellen, Verkehrswegen und touristischen Einrichtungen.
Forstliche Herausforderung in Zeiten des Klimawandels
Der Rundgang führte die Gruppe durch dichte Waldstücke und offene Flächen, während Alexander erklärte, warum Bäume manchmal in großer Dichte stehen und an anderen Stellen Leerflächen entstehen, die von alleine nicht zuwachsen. Immer wieder wies er auf die sichtbaren Veränderungen im Wald hin: „Ich beobachte das Montafon seit 30 Jahren: Es wird wärmer, es schneit später ein und apert früher wieder aus. Pflanzen sind in verschiedenen Höhenstufen zu finden, die vorher nicht hier waren. Andere verschwinden dafür z.B. im Talboden.“ Diese Veränderungen sind sichtbare Zeichen des Klimawandels im Wald. Er sprach auch über die Herausforderungen der Wildbewirtschaftung und machte klar, wie wichtig eine konsequente Jagd für das nachhaltige Überleben des Waldes ist: „Der Wald zeigt, ob die Jagd stimmt.“ Zudem sei es wichtig, möglichst viele standortangepasste Baumarten in die Schutzwaldbewirtschaftung einzubringen, da man sich nicht nur auf eine Baumart verlassen könne.
Harte Arbeit hinter der Idylle
Ein zentrales Thema der Wanderung war auch die nachhaltige Waldwirtschaft. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ stammt, wie Alexander erläuterte, ursprünglich aus der Forstwirtschaft. „Es ist unsere Verpflichtung, der nächsten Generation ein funktionierendes, im besten Fall sich selber erhaltendes, Ökoystem zu übergeben“, betonte der Förster. Der Wald, der für viele als Ort der Erholung und als Sportmöglichkeit gilt, bedeute in Wahrheit auch harte, oft gefährliche Arbeit und ständige Pflege: „Zeit ist dabei ein entscheidender Faktor. Während der Wald sich selbst vielleicht langfristig regulieren könnte, fehlt den Menschen die Zeit, um auf diese natürlichen Prozesse zu warten“, so Stoiser.
Tourismus und Forstwirtschaft: Eine wichtige Kooperation
Montafon Tourismus engagiert sich stark für die nachhaltige touristische Entwicklung der Region, wobei das Ziel solcher Wanderungen ist, das Bewusstsein der Naturnutzer:innen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur zu stärken.
Die Lenkungsgruppe „Naturverträglicher Bergsport“, deren Ziel es ist, die Balance zwischen Naturschutz und Bergsport zu wahren, profitiert zudem von den Erkenntnissen solcher Veranstaltungen. „Das Ziel unserer Initiative ist es, Spannungsfelder in der Natur und im Bergsport zu entschärfen“, erklärte Hanna Burger, Koordinatorin der Lenkungsgruppe. „Dabei möchten wir zum einen die Naturräume schützen, aber auch den freien Zugang zur Natur bestmöglich bewahren.“ Die Arbeit der Lenkungsgruppe konzentriert sich darauf, langfristig gute Lösungen zu fördern und das Konfliktpotenzial zwischen den verschiedenen Interessengruppen zu minimieren. Die Kooperation zwischen Tourismus und Forstwirtschaft zeigt, wie wertvoll gemeinsame Anstrengungen sind, um Naturerlebnisse verantwortungsvoll zu gestalten.
Eindrücke der Teilnehmenden
Nach der eindrucksvollen Wanderung fasste eine Teilnehmerin ihre Erfahrungen zusammen: „Jetzt weiß ich, wie vielfältig, schwierig und gefährlich es ist, die Natur zu bändigen.“ Auch ein anderer Teilnehmer zeigte sich tief beeindruckt: „Ich konnte mir vor dieser Wanderung unter dem Begriff ‚Schutzwald‘ nichts vorstellen. Ich werde jetzt achtsamer durch den Wald gehen.“
Die Schutzwaldwanderung im Maurenwald war für alle Beteiligten eine prägende Erfahrung, die die Bedeutung des Waldes nicht nur als Naturlandschaft, sondern auch als unverzichtbare Schutzeinrichtung und Lebensraum verdeutlichte. Alexander Stoiser brachte es zum Abschluss treffend auf den Punkt: „Mir ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Funktionen und die Wichtigkeit des Waldes weiterzugeben. Ich halte nicht viel von Verboten, aber gewisse Regeln sind von den Naturnutzern einzuhalten. Der Wald soll auch als Erholungsort genutzt werden, aber man muss der Natur und den dort lebenden Tieren und Pflanzen mit Respekt begegnen“.
Mit neu gewonnenem Bewusstsein für den Wald und seine Schutzfunktion machten sich die Teilnehmenden auf den Rückweg. Dieser Tag hinterließ nicht nur ein tieferes Verständnis für die Notwendigkeit nachhaltiger Waldwirtschaft, sondern auch das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein – eines Ökosystems, das es zu bewahren gilt.